Wasserchemie und Wechselwirkungen
im geschlossenen
System

Wasser erscheint den meisten Menschen als einzig im Aggregatzustand veränderliches Element. In der Physik unterscheidet man bei
Wasser die drei Aggregatzustände Gas, Wasser und Dampf. Tatsächlich ist Wasser jedoch wesentlich komplexer als den meisten Menschen
bewusst ist. Der Neuling im Umgang mit Fischen und deren Milieu Wasser, kennt Begriffe wie Nitrit und Nitrat vielleicht nur aus den
Medien. Auch die Begriffe Pestizide und Fungizide geraten in einer Zeit ständig steigenden Umweltbewusstseins in die öffentliche Diskussion.
Alle diese Stoffe, die das Wasser belasten, stellen eine hohe Gefährdung für
Mensch und Tier dar. Die Qualität des Wassers und seine Eignung für die Koi Haltung stehen in direktem Zusammenhang mit der Frage, welches Ausgangswasser kann man verwenden. Um hierauf eine befriedigende Antwort zu finden, sollte man über die chemische Zusammensetzung des Wassers im Ursprungsland der Koi ausreichende Kenntnis besitzen. Das Ausgangswasser
Die Mehrzahl der Koi wird in Japan gezüchtet. Die Fische wachsen dort fast das ganze Jahr in Naturteichen heran. Im ehemaligen Reisanbaugebiet der
Bergregion Niigata wurden die Reisterrassen in Aufzuchtteiche umgewandelt. Diese füllen sich im Frühjahr mit dem Schmelzwasser des, im Winter reichlich
gefallenen Schnees. Die fortschreitende Umweltzerstörung macht leider auch vor Japan nicht halt. Bedingt durch die geographische Nähe zu Russland und den sibirischen Kokereien, die Unmengen von Schwefelwasserstoff produzieren, fällt in Niigata der, auch bei uns bekannte saure Regen.
Der mit Schwefelwasserstoff angereicherte Schnee verursacht bei der
Schneeschmelze im Frühjahr eine starke Verschiebung des pH-Wertes. Durch Unkenntnis der Wichtigkeit des pH-Wertes und wie man auf dessen Veränderung reagiert, stellte diese fortschreitende Umweltverschmutzung viele Koi Züchter vor ernsthafte existentielle Probleme, da viele Fische den zu tiefen pH-Wert nicht vertrugen und eingingen. Aus diesem Grund versucht man heute den schädigend hohen Säuregehalt des Wassers durch Zugabe von Ätzkalk auf ein verträgliches Maß anzuheben. Die Koi Züchter sind bestrebt den Säuregehalt des Wassers auf den, für Koi idealen pH-Wert von 6,8 bis 7,5 einzustellen. Für die außerordentlich gute Farbgebung der japanischen Koi sind auch die Bodenverhältnisse entscheidend. Insbesondere die im Wasser gelösten Spurenelemente spielen hierbei eine entscheidende Rolle.

Layout 1

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Um eine optimale Anreicherung des Wassers mit Spurenelementen zu gewährleisten werden die im Herbst abgelassenen Naturteiche umgegraben. In den Gebirgstälern von Niigata findet man unterschiedlichste Zusammensetzungen der Bodenmineralien. Nur die Züchter wissen in welchem Teich Varietäten mit großflächiger schwarzer Zeichnung gut werden und in welchen Teichen sich Tiere mit roter Zeichnung besser entwickeln.
Jeder Züchter hat für seine Varietäten Teiche, die er bevorzugt und Teiche die
er für bestimmte Varianten ablehnt. Der Platinum Züchter Chogouru erzählte mir, dass die Böden in seiner Gegend Aikawa so arm an Mineralien sind, dass er hier nur Platin Ogon züchten kann, denn eine intensive rote Zeichnung, wie
sie bei GoSanke Varietäten erforderlich ist, bildet sich nicht aus. In den Talebenen Niigatas werden vor allem Varietäten mit hohem Rotanteil, wie zum Beispiel Kohaku und Sanke, gezüchtet. Die hier vorherrschende rote Lehmerde
fördert mit ihren Spurenelementen die Bildung der roten Farbpigmente in der Epidermis, der farbgebenden Hautschicht. Über die genauen biologischen Auswirkungen derartiger Spurenelemente in Koi Teichen ist jedoch noch sehr
wenig bekannt. Sollten bestimmte Farbschläge nach und nach verblassen, ist die dosierte Zugabe von Seesalzabmischungen, welche kein Natriumchlorid (Kochsalz) enthalten, durchaus einen Versuch wert. Diese Seesalzabmischungen sind im gut sortierten Zoofachgeschäft für Meerwasseraquaristik erhältlich.
Besonders bei Showa, Shiro Utsuri und Kumonryu kann man unter Umständen die verloren gegangene Schwarzfärbung erneut zum Vorschein bringen. Ebenfalls sehr gut geeignet sind Spurenelementmischungen, die für die professionelle Aquaristik schon seit längerem im Fachhandel angeboten werden. Eines der wichtigsten Spurenelemente ist Jod, das vor allem für die Schilddrüse des Fisches von entscheidender Bedeutung ist. Dieses Organ steuert auch beim Fisch den gesamten Stoffwechsel. Jedoch sollte man bei der
Medikamentierung mit Kochsalz auf keinen Fall Jodsalz verwenden, da dies eine lebensbedrohende Überfunktion der Schilddrüse zur Folge hätte. Der pH-Wert des Teichwassers ist auch bei der Medikamentierung ausschlaggebend. Viele Autoren übersehen in Ihren Büchern über Fischparasiten und deren Bekämpfung die Wechselwirkung des pH-Wertes auf Medikamente. So habe ich sehr oft negative Erfahrungen bei einer Behandlung mit malachit- oder formalinhaltigen Medikamenten gemacht, da deren Wirkung bei einem zu hohen pH-Wert zu stark oder bestenfalls überhaupt nicht gegeben war. Buch- oder Artikelautoren, deren Wasser gute oder ausreichende Wasserwerte besitzen, vergessen oft darauf hinzuweisen, dass der Leser es eventuell mit einem extremen Ausgangswasser zu tun hat und hier erst einmal die Grundlage für eine optimale Behandlung die Schaffung „normaler“ (nicht zu saurer oder zu basischer) Wasser- bzw. pHWerte
ist. Auch ist sowohl bei Behandlungen mit Kaliumpermanganat oder Malachitgrün als auch deren Mischungen besonders auf die Wetterlage zu achten. Die Wirkung dieser Substanzen beruht auf der Oxidation organischer
Oberflächen. Dazu gehören die Schleimhäute der Fische, deren Kiemen und die Oberfläche der Parasiten und Bakterien. Eine starke Oxidation der Außenhaut reduziert stark Bakterien und Einzeller. Die Oxidation der Schleimhäute und Kiemen behindert beim Fisch jedoch auch die Atmung und den Gasaustausch. Bei einer aufziehenden Gewitterfront würde der im Wasser befindliche Sauerstoff durch den Tiefdruckeinfluss größtenteils aus dem Wasser entweichen. Die durch die Oxidation in Ihrer Funktion stark behinderten Kiemen hätten nicht genug Oberfläche, um den restlichen , verbliebenen Sauerstoff dem Organismus zuzuführen. Die Braunsteinschicht, die nach einer Behandlung mit Kaliumpermanganat die Atmung behindert, kann sehr schnell durch Zugabe kleiner Mengen Wasserstoffperoxid neutralisiert werden. Nach Behandlungen mit Kalium ist die Zugabe von 1ml Wasserstoffperoxid auf 1000 Liter Wasser anzuraten. Zum pH-Wert ist abschließend noch anzumerken, dass ich bei meinen Kunden seit Jahren das Fadenalgenproblem mit einem ausgeglichenen pH-Wert behandle. Bis heute ist mir kein Teich bekannt, in dem Fadenalgen bei einem neutralen oder leicht sauren pH-Wert gedeihen.

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